Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie Dir an.
Kurt Tucholsky, 09.01.1890 - 21.12.1935, dt. Schriftsteller

Samstag, 3. Januar 2009

2009 - Auf zu neuen Abenteuern ... oder besser gesagt:

Outback für Anfänger

Simon hat noch ein paar Tage Urlaub. Beste Gelegenheit, noch mal etwas tiefer in das Hinterland der Sunshine Coast vorzudringen. Und da wir bislang noch keine wirklich weiten Touren gemacht haben, wanderten unsere Finger am Donnerstag Abend bis nach Roma. Immerhin ist es in Lonely Planet, DEM Reiseführer für Australien, erwähnt. Das wird ja wohl einen Grund haben ... dachten wir. Im Geheimen hofften wir, dass wir auf der Tour dem australischen Outback etwas näher kommen würden, denn im OUTBACK waren wir ja noch nie. Geschätzte 600 km sollte das Städtchen von uns entfernt sein, sagte Google Earth. Wir ließen also gestern früh halb 5 die Wecker klingeln, quälten uns aus den Betten, packten das Auto (überwiegend) mit Wasser und Übernachtungsgepäck voll - und dann ging es los. Ursprünglich hatten wir geplant, in irgendeinem Motel zu nächtigen. Aber ersten kommt es immer anders, als man zweitens denkt - die große Unbekannte (oder DER) war in dem Fall Simon ;-).
Nach etwa 100 km mussten wir bereits einen ersten Stopp einlegen - Pascal musste mal für kleine Abenteurer ... Blackbutt bot einen süßen Anblick und öffentliche Toiletten - und ein paar Minuten später konnte es dann endlich wirklich losgehen.
Wir überquerten bei wolkenverhangenem Himmel, aber angenehm warmen und endlich mal nicht so heißen Temperaturen die Great Dividing Range, eine Gebirgskette, die sich an der kompletten Ostküste entlang von Melbourne bis in den Norden Queensland erstreckt. Es ging durch traumhafte, jedoch verregnete Landschaft, kleine verschlafene Dörfchen und sehr gut ausgebaute Straßen in Serpentinen auf und ab in Richtung Westen. 2,5 Stunden und 220 km später erreichten wir Dalby und machten Halt, um uns ein Take-Away-Frühstück zu besorgen. Mit frischem Cappuccino und heißen mit Buletten, Spiegelei und Käse belegten Baguettes ging es aus Dalby raus und dann machten wir an der nächst besten Einfahrt ins Nichts unsere Frühstückspause. Batida verdrückte ihr zu Hause verschmähtes Futter und wir genossen die morgendliche Ruhe, die über der Landschaft lag ... Die Karte versprach ab hier eine fast schnurgerade Strecke bis Roma für die nächsten knapp 400 km. Die Straße lag wie ein graues Band vor uns und am Horizont flimmerte sie von der Hitze des Asphalts (nein, das ist kein Wasser!).
Wir durchfuhren in immer größer werdenden Abständen die auf der Strecke liegenden Städtchen, die immer kleiner wurden, je weiter wir kamen. Nette Namen, manche auf den ersten Anhieb nicht gleich aussprechbar, andere so einfach betitelt wie "Chinchilla" ...
... mit immer mehr an Country-Stile erinnernder Architektur entlang der meist einzigen Hauptstraßen.
Roma "rückte" immer näher und die nächste Pause war notwendig, um uns die Beine zu vertreten.
In Miles lud ein großer Parkplatz vor dem Historical Village zum Rasten ein.
Unser Reiseziel (so dachten Pascal und ich) kam näher und näher.
Danke, aber nein danke - wir haben reichlich gefrühstückt, wir brauchen kein Brekkie (Breakfast).
Die Höhenzüge der Great Dividing Range lagen lange hinter uns, wir befanden uns länst in den Western Downs, weiten Ebenen mit Farm- und Weideland, so weit das Auge reichte.
... und gegen halb 2 am frühen Nachmittag begrüßte uns das Ortsschild von Roma.
Wir parkten das Auto und machten einen Rundgang durch den Ort (Stadt? Naja... bislang haben wir das immer anders definiert). Die Hauptstraße einmal hoch und runter - wir dachten, wir sind im wilden Westen. Dabei lagen doch auch die Western Downs inzwischen hinter uns ;-)
Wozu die Ampel an der einzigen großen Kreuzung installiert wurde, erschloss sich uns nicht wirklich. Die Straßen waren so breit, dass die Autos quer zur Fahrbahn einparken konnten. Die mit rotem Staub bedeckten 4-WDs zeugten von der Tatsache, dass wir uns dem Outback genähert hatten. Hier waren nur die PKWs sauber ... die vermutlich nie aus der "Stadt" raus kamen.
Der ganze Ort strahlte eine gelangweilte Ruhe, aber auch eine überraschend liebevolle Gestaltung und vor allem Sauberkeit aus. Das Häuschen der öffentlichen Toiletten war kunstvoll bemalt.
Simon beschloss, noch ein "paar" Kilometer weiter bis nach Mitchell (ca. 80 km) zu fahren. Und kaum waren wir aus Roma raus, passierten wir dieses Schild: Folge der A2, da gehts zum Tor des Outbacks.
Ich hatte in Miles eine aktuelle Straßenkarte vom Outback Queensland sowie umfangreiches Informationsmaterial der näheren und (vor allem) weiteren Umgebung erstanden ... und während wir weiter Kilometer auf der schnurgeraden Straße fraßen und ich die Broschüren studierte, zog am Horizont ein Unwetter auf.
Outback-Idylle am Highway
Und dann fing es an zu gießen - doch so schnell, wie der Regen aufgezogen war, waren wir dann auch durch ihn hindurch. Wir freuten uns für die Farmer und für die Natur ... schon ganz wie Aussies.
43 km vor Mitchell fuhren wir an einem Schild "Welcome to Queensland Outback" vorbei (so unerwartet, dass ich die Kamera garnicht so schnell zücken konnte). Dann begrüßte uns auch Mitchell freundlich - in Queenslands Outback! Wir hatten tatsächlich den offiziellen Rand des Outbacks erreicht - wow! Rundrum war es zwar erstaunlich grün, aber das Outback wird ja nicht an Hand seiner Farbe identifiziert oder definiert.
Die einzige durch den Mini-Ort führende Straße war gesäumt von Geschäften, einer Wäscherei, einer Post, einem Hotel, einer Bar mit Bottle-Shop (Getränke-Laden) ... und das wars dann auch.
Okay - Zeit, sich Gedanken über ein länger vorhaltendes Mittagessen (es war inzwischen kurz vor 15 Uhr) und eine nächtliche Bleibe zu machen. Dachte ich ... Also haben wir den örtlichen Bäcker geplündert, heiße Pie's und 2 halbe Broiler gekauft - und sind zum "Picknick" in die Wildnis abgebogen. Simon suchte ein "lauschiges Plätzchen fürs Essen", meinte er.
Tja, und da es auch hier vor ein oder zwei Stunden ergiebig geregnet hatte, sind wir eben mal durch NASSES Outback gefahren.
Die Frage, wer das Auto dann putzt, war schnell geklärt. Nicht der, der das Auto normalerweise fährt (also ich), sondern der, ders dreckig macht ... also Simon. Soviel war dann erst mal sicher ;-) Wie auch immer, wir hatten ne Menge Spaß bei diesem Ritt durch die Schlammwüsten (ging ja nicht anders) und uns das Essen dann wirklich redlich verdient!
Endlich hatte Simon gefunden, wonach er suchte - und wir packten die Stühle aus und machten es uns mit unserem späten Lunch gemütlich. Der Himmel war zwar immer noch bedeckt, teils ziemlich dunkel - aber es war trocken von oben, inzwischen auch fast wieder von unten, und es war warm. Die Outback-Hitze blieb uns also erspart, was ich für meinen Teil garnicht so schlecht fand.
Frische Känguruh-Spuren im feuchten roten Sand ...
Endlose Weiten - Weideland unsichtbarer, aber gut zu hörender Rindviecher.
Und nach dem Essen zur Verdauung eine kleine Pause.
Mitten in der Wildnis ist Pascal in "Die Söhne der großen Bärin" vertieft, in die Leselotte eingespannt. Wenn nicht wenigstens ansatzweise Indianer-Feeling ist, weiß ichs auch nicht.
Die Sonne versuchte immer wieder erfolglos, die Wolken zu durchbrechen.
Noch ist Batida sauberer als das Auto ;-)
Und diese riesigen Ameisen (mit dem 5-Cent-Stück als Größenvergleich) machten uns zuerst zwar etwas Bange, aber dann stellte sich schnell heraus, dass sie uns in Ruhe ließen. Sie machten einen Bogen um unsere Schuhe, waren keineswegs so aufdringlich wie ihre Mini-Verwandten, die hier doch enorm nerven können.
Wohin diese Straße weiter führt, haben wir nicht mehr erforscht. Uns war es genug für heute - und Simon verkündete feierlich, dass wir hier, genau an dieser Stelle, übernachten werden!!! Hoppla! Wie das denn? Naja, jahrelange Markterfahrung ließ mich hoffen, dass wir diese Nacht irgendwie einigermaßen bequem überstehen würden. Verdursten und verhungern würden wir jedenfalls nicht.
Unsere beiden Hyperaktiven vertraten sich nach der langen Fahrt dann ausgiebig die Beine beim abendlichen Walk.
Und Batida erkundete intensiv das Outback. Inzwischen mit nicht mehr ganz so weißen Pfoten ;-)
Doch - es gibt noch immer Leben auf diesem Planeten, wenn auch nicht in unmittelbarer Rufnähe oder Sichtweite ...
Am Wegrand standen Kakteen, manche mannshoch ...
... andere so groß wie die daneben stehenden Bäume.
Besser ists, wenn das Tor zubleibt ... die Rindviecher auf der einen Seite, wir auf der anderen.
Kurz nach 7 ging die Sonne unter - und es folgte ein Spektakel der Farben, wie wir es noch nie erlebt hatten. Die nächsten 20 Minuten standen wir mitten in der Wildnis und beobachteten fasziniert das Schauspiel der Natur.
Der Himmel schien in Flammen zu stehen ...

... und je tiefer die Sonne (für uns unsichtbar hinter den Wolken) versank, um so beeindruckender wurde der Anblick.
Ein letztes "Aufflammen", dann wurde es dunkel - und ein wolkenloser, sternenklarer Nachthimmel tauchte über uns auf. Wir krabbelten ins Auto und ließen uns von den leisen Geräuschen der Tierwelt des nächtlichen Outbacks in den Schlaf singen. Es war kurz nach 20 Uhr!Die Dämmerung weckte mich heute früh kurz nach 4 - und um die "Jungs" nicht zu wecken, krabbelte ich leise aus dem Auto und versuchte, meine müden Glieder bei einem Morgenspaziergang mit Batida und Kamera zu strecken und zu wecken.
Kurz vor 5 ging die Sonne auf - und wieder bot sich mir ein unvergleichlicher Anblick.
Die Tierwelt erwachte ebenfalls und genoß die ersten Sonnenstrahlen ...
Batida und ich wurden misstrauisch von Känguruhs beäugt, die sich auf der Viehweide ihre Morgenmahlzeit holten.

Gegen 6 fuhren wir zurück nach Roma, frühstückten bei Mc Cafè und traten dann die lange Heimfahrt an. Wir hatten zwar nicht sonderlich gut geschlafen, weil es ziemlich eng im Auto war, aber wir haben auch nicht gefroren. Es war eine tolle Überraschung, vor allem für Pascal.Insgesamt haben wir fast 1200 km zurück gelegt, wissen jetzt, dass das Outback aktuell nicht weiter als 620 km von uns entfernt ist und sind wieder einmal beeindruckt von der endlosen Weite dieses Landes. Auf der Karte betrachtet, haben wir mal eben einen größeren Ausfallschritt gemacht, dachten, wir hätten undendlich viele Kilometer zurück gelegt ... und waren dennoch nicht mal annähernd in das gelangt, was gemeinhin in den Köpfen als Outback bezeichnet wird: einsame trockene rote Weite, überspannt mit blauem Himmel ... unter einer heißen Sonne. Was natürlich bedeutet: Wir haben ein neues Ziel! Eine echte - und gut vorbereitete - Tour ins Outback Australiens. Das hier war sozusagen das Outback für Anfänger. Zum "Mund wässrig machen" hat es allemal gereicht. Aber das nächste Mal bitte in einem Wohnmobil oder ähnlicher Ausstattung ;-)