Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie Dir an.
Kurt Tucholsky, 09.01.1890 - 21.12.1935, dt. Schriftsteller

Mittwoch, 12. Januar 2011

Die Fluten wandern in Richtung Süden ...

Nachdem uns gestern am späten Vormittag über das offensichtlich hervorragend funktionierende Katastrophen-Informations-System per SMS die Nachricht erreichte, dass für Caboolture und Burpengary "Flash Flood Warning", also die Warnung einer bevorstehenden rapide steigenden Flut in den umliegenden Flüßen und Bächen, besteht und sich jeder SOFORT auf höher gelegene Punkte in der Umgebung begeben soll, wurde uns durchaus mulmig. Bis jetzt waren wir ja nicht direkt betroffen hier auf unserem Grundstück.. Aber wo sollten wir (und alle anderen hier in Beachmere) denn auch hin? Raus ging ja nicht, also lagen Rucksäcke mit allem Notwendigem bereit - gleich neben der Leiter, die uns helfen sollte, im Ernstfall das Hausdach zu entern.

Der Caboolture River ebenso wieder King John Creek sind zwar hauptsächlich dafür verantwortlich, dass Beachmere zur Insel wurde, aber sie sind ja doch 2-3 km weit weg von uns. Die Bilder, die dann im Lauf des Nachmittags über den Bildschirm flimmerten, beobachteten wir ungläubig. Caboolture war isoliert, viele Straßen in Morayfield und Caboolture waren geflutet ... doch zum Glück merkten wir auch dieses Mal hier bei uns nichts davon. Das Wasser auf dem Grundstück sank weiter, es hatte weniger geregnet und wir entspannten uns relativ schnell wieder, nachdem unsere schon lange hier lebenden Nachbarn versicherten, dass keine Gefahr bestehen würde. Was sich dann glücklicherweise bestätigte.

Das Morayfield Shopping Centre war wegen eines mehrstündigen Stromausfalls geschlossen, wurde aber zum Abend geöffnet und zu einem Notunterkunftszentrum. Woolworth, Coles und andere Shops spendeten die notwendigsten Dinge sowie Nahrungsmittel für die Gestrandeten, die nicht bis nach Hause konnten ...

Inzwischen hat sich die Sitation entspannt, das Wasser ist größtenteils zurück in die Flussbetten gelaufen. Nachdem heute morgen die Meldung kam, dass der Highway in unserer Gegend wieder offen und Caboolture und Morayfield wieder erreichbar sind, habe ich geschaut, ob ich eventuell mit dem Honda aus Beachmere raus komme. Die Beachmere Road, die Hauptstraße, die Beachmere auf direktem Weg mit Caboolture verbindet, ist immer noch gesperrt und von Beachmere Seite aus steht auch ein entsprechendes Sperrschild auf der Straße direkt vor den Fluten. Ich fuhr also über die Bishop Road, die Ausfallstraße in Richtung Bribie Island, die einzige weitere  durchgehende Verbindung zur Aussenwelt. Auch diese Straße ist immer noch geflutet, aber kann angeblich mit großer Vorsicht passiert werden. Und viel versuchten und schafften es, also traute auch ich mich langsam und vorsichtig durch.

Ging auch alles gut, auch wenn manch ein besonders "cooler" Fahrer meinte, diese Wassermassen mit möglichst hohem Tempo teilen zu müssen. Naja, Deppen gibt es eben überall.
Auch die Bribie Island Road, die von Caboolture nach Bribie Island führt und im Moment die einzige weitere Verbindungsstraße in Richtung Caboolture und Highway ist, war bis gestern gesperrt, ist aber nun wieder offen. Links und rechts reicht das Wasser auf den Wiesen weiterhin bis an den Straßenrand und die Bäche, die unter den eigentlich unauffälligen Brücken unter der Straße dahin fließen, sind immer noch beängstigend reißende Fluten, die allerdings nicht mehr über die Straße schießen.
In Caboolture bot sich auf der Brücke, die entlang der Centenary Lakes über den Caboolture River führt, ein Bild der Verschmutzung und Verwüstung, aber die Morayfield Road war wieder befahrbar.
In den Brückengeländern hängt Treibgut aller Art ...
Nach dem ich Hunde- und Vogelfutter besorgt hatte, fuhr ich zurück nach Beachmere. Die Beachmere Road war von dieser Seite aus nicht als gesperrt ausgewiesen, und da Wasser ja ab und an genauso schnell abfließt wie es steigt, dachte ich, die Straße ist wieder offen, und bog ab. Aber wirklich weit kam ich nicht. Am "Chateau" steht noch immer das Wasser, die neuen Eigentümer haben alle Fahrzeuge sowie die Pferde auf den Hügel vor die Eingangstür geholt ...
Der Caboolture River selbst floss da lang, wo er hin gehört - in seinem Bett. Aber kurz vor der Trockenwerft auf der rechten Seite war dann Schluss für mich. Noch immer kein Sperrschild weit und breit - vielleicht war es ja weg gespühlt worden.
Während ein paar Fahrzeuge die Passage wagten, drehte ich um ... und sah am anderen Ende Simon im Patrol das selbe tun. Selbst ihm war es zu heikel. Immerhin passiert man solche gesperrten Straßen auf eigene Gefahr und bleibt auf eventuell entstehenden Schäden und Kosten ohne Versicherungsschutz sitzen. DAS ist es dann auch nicht wert, muss aber auch jeder für sich selbst entscheiden.
Von meinem Chef kam ein Anruf, dass ich auf jeden Fall zu Hause bleiben sollte, weil das Drama für Brisbane noch lange nicht vorbei wäre. Im Moment bereiten sich Brisbane und Ipswich auf die schlimmsten Fluten vor, die man sich vorstellen kann. Seit heute morgen ist in Brisbane CBD der Strom aus Sicherheitsgründen abgeschaltet, der Brisbane River ist gnadenlos über die Ufer getreten und führt alles mögliche gefährliche Treibgut mit sich. Pontons, die normalerweise als Fähr- und Bootsanleger dienen, haben sich losgerissen, treiben den Fluss herunter und bleiben an Brückenpfeilern hängen.

Für die, die die Gegenden kennen: Southbank ist geflutet, das Riesenrad dort sowie das Suncorp Stadium  in Milton stehten unter Wasser, der Flughafen ist inzwischen wieder geöffnet und arbeitet normal (ich frage mich immer noch, wo die Leute wohl hin sollen oder wollen, die da landen), entlang des Flußlaufes sind über 50 Stadtteile von der Flut extremst betroffen, es laufen Zahlen in den Nachrichten, die einfach unvorstellbar sind. Über 2500 Straßen sind von der Flut betroffen, über 40.000 Grundstücke geflutet, wenn der Brisbane River in den frühen Morgenstunden am Donnerstag seinen Höchststand erreicht, der weit über dem schlimmsten Hochwasser in 1974 erwartet wird. Für Brisbane und Ipswich ist also noch lange keine Entwarnung in Sicht, auch wenn es sich bei uns rund herum langsam wieder normalisiert. Schon allein die Meldung, daß 2/3 von Queensland unter Wasser stehen sollen, ist völlig unvorstellbar.

Die Wassermassen bahnen sich seit einigen Tagen einen Weg durch NSW und auch dort sind die ersten Ortschaften von den Wassermassen, die aus Queensland kommen, geflutet. Hoffen wir, dass sich die Zahl der Opfer nicht weiter erhöht.