Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie Dir an.
Kurt Tucholsky, 09.01.1890 - 21.12.1935, dt. Schriftsteller

Sonntag, 8. Mai 2011

Mein Urlaub naht mit Riesenschritten, aber vorher stand - für dieses Wochenende - noch ein Termin auf dem Kalender, auf den ich mich schon lange gefreut habe. Freitag früh weckte mich wie gewohnt einer der Kookaburra Familienmitglieder.
Von der Arbeit aus fuhr ich Freitag Nachmittag direkt hinein in ein kreatives und interessantes (wenn auch wieder einmal sehr anstrengendes) Wochenende. Durch Ortschaften mit merkwürdigen Namen wie zum Beispiel "Wonglepong"
ging es durch herrlichste Landschaften, die von der herbstlichen Nachmittagssonne in weiches Licht getaucht wurden, hinauf in die Berge im Hinterland der Gold Coast.
Nichts und niemand weit und breit zu sehen, aber ich war gezwungen, mitten im Wald auf einer enger werdenden Straße an roten Ampeln zu verweilen - und nicht zu wissen, weshalb. ... 5 Minuten später (als ich dann grün hatte), erschloß sich mir der Grund:
Hier passen nun mal nicht 2 Autos aneinander vorbei. Also Einbahnstraße in die jeweils frei gegebene Richtung. Auf einer Seite geht es bergauf, auf der anderen STEIL bergab mit Wahnsinnsausblicken auf die unten liegende Landschaft. Ich hatte allerdings alle Hände voll zu tun, der sich aufwärts windenden engen Straße zu folgen und kaum Augen für die Schönheit.
Aber eine Gelegenheit zur Pause, zum Verschnaufen und zur Orientierung auf einer der Informationstafeln für die Umgebung ergab sich dann am Paraglyder Hang kurz hinter Canungra. Ich genoss die Aussicht und den Sonnenuntergang, mußte mich aber dann sputen,
um in der schnell einsetzenden Dunkelheit mein Ziel zu finden. Den Thunderbird Park in Mount Tamborine. Es war wieder einmal Zeit für einen

Wochenend-Filzkurs

Mit der diesjährigen 10. Klasse eines Mädchen College aus Brisbane (mit deren 10t-Klässlern 2010 ich letztes Jahr im April beim Kunst-Camp in Mount Glorious im Hinterland von Brisbane ein tolles Wochenende hatte), ging es in den Thunderbird Park in Mt. Tamborine. Allerdings ignorierten wir alle dort angebotenen Aktivitäten und konzentrierten uns auf unsere Hauptthemen: Filzen, Zeichnen und Fotografieren. 30 mir unbekannte enthusiastische Mädels und 4 Lehrerinnen, die ich vom letzten Jahr schon kannte - es war einfach traumhaft.
Ich durfte erneut den Luxus eines "Einzelzimmers" geniessen und mir eins der 8 Ferienlagerbetten aussuchen. "Artist in Residence", daran kann man sich direkt gewöhnen, wenn man so liebevoll umsorgt wird und von so ausgesprochen herzlichen Leuten umgeben ist :-). Diesmal hatte das Zimmer sogar eine Mikrowelle, Wasserkocher und einen eigenen Kühlschrank (völlig überflüssig bei den aktuellen nächtlichen Temperaturen - außer man benutzt ihn, um sich die Hände im Eisfach zu wärmen).
Nach dem Abendessen am Freitag gab es für alle den gewohnten "Grundkurs", wir filzten zum Einstieg Bälle in allen Größen und Farben.
Samstag wurde dann richtig durch gestartet. Die Mädels hatten sich in 3 Gruppen zu jeweils 10 Teilnehmern aufgeteilt und absolvierten heute so etwas wie ein Zirkel-Training: Filzen, Fotografieren und Zeichnen. Mit der ersten Filzgruppe ging es an das Hauptthema dieses Wochenendes: Wandbehänge. Aufgeteilt in zwei kleinere Gruppen, entstanden wundervolle "Filzmalereien", inspiriert von dem uns umgebenden Regenwald.
Wolle auf dem als Trägermaterial dienenden Musslin auslegen ... das Wetter spielte wunderbar mit, kein Windhauch verwehte die zarten, leichten Wollfasern.

Während die eine Gruppe schon mit dem Filzen beginnt, wird in der anderen Gruppe noch "gewässert". Offensichtlich mit Vergnügen, die Sonne scheint warm und wirklich kalt ist es nur im Schatten (und JA, es WAR kalt).
Vorbereitungen für das Rollen der großen Filzobjekte ...
... und dann ran an den Speck!
Nach einer Weile siegt die Neugier und es wird "geluchst", ob man das Rollen denn schon beenden könnte. Ich kenne irgendwie niemanden, der diesen Teil des Filzens wirklich toll findet - aber die Aussicht und Neugier auf das, was dann zum Vorschein kommt, gibt immer wieder Anreiz zum Weiterrollen.
Au ja, sieht super aus. Also ... ausrollen und bewundern!
Na bitte, wer sagts denn?! Die Mühe hat sich ganz offensichtlich gelohnt und die Mädels präsentieren stolz ihre Arbeit.
Während die beiden großen Wandbilder auf der Veranda vor den Schlafräumen trocknen, wird an kleineren Objekten für die Modeaccessoires gearbeitet, die am Sonntag präsentiert werden sollen.

Wir werden ständig von den Kookaburras beobachtet, sie kommentieren alles und stehlen bei jeder Gelegenheit Wollfetzen von der Wiese, nachdem sie heraus bekommen haben, dass man sie nicht fressen, wohl aber zum Nestbau verwenden kann ...
Nach dem Mittagessen geht es mit der nächsten Gruppe weiter: Wir filzen Blüten für die Accessoires und auch diese Gruppe ist mit Begeisterung bei der Sache.


Die Mädels waren nicht zu bremsen, hatten schnell den Dreh raus, wie sie ihre eigenen Ideen umsetzen können und vertieften sich in ihre Arbeit. Gelegenheit für mich, mit Debbie, einer der Betreuerinnen, für ein paar Minuten die Umgebung unseres Camps zu erkunden und mir die Beine zu vertreten.
In der "Nachbarschaft" unseres Bungalows haben sich Camper nieder gelassen. Der Park besteht aus einer Ansammlung von Campingplätzen (mit Lagerfeuerplätzen), kleineren Bungalows und großen Gruppenhäusern. Alles war ausgebucht, nirgendwo fand sich noch ein freies Plätzchen für ein kleines Zelt und trotzdem war es ruhig, friedlich und kaum spürbar, dass sich auf diesem grossen Areal einige hundert Leute aufhielten. Alles ist weitläufig eingebettet in herrlichste Natur entlang eines kleinen Baches mit natürlichem Badebecken (wenn es denn warm genug dafür ist), Minigolfanlage, Reitwegen, einer "Mine", in der man unter fachmännischer Anleitung nach Fossilien graben darf, in die Edelsteine eingeschlossen sind ... und einem Hochseil- und Abenteuerpark.
An unserem Schlaf-Bungalow entlang ging es hinunter zum rauschenden Bach (ohne klappernde Mühle) ... auf verwunschenen Wegen.
Die nachmittägliche Herbstsonne kam kaum noch durch die Baumwipfel bis auf den Boden, entsprechend kühl war es hier und herrlich ruhig und entspannend.


Bei den Zelten wurden die ersten Lagerfeuer angefacht. Der Geruch rief bei mir Erinnerungen aus "vergangenen Zeiten" hervor und ich fühlte mich fast um ein paar Jahre zurück versetzt, fehlten nur noch die Djembe- und Flötenklänge eines abendlichen Mittelaltermarktes.
Bei unserer Rückkehr fanden wir die Mädels immer noch vertieft ins Blüten filzen vor. Wenn das mal nicht ein Virus ist, der sich da verbreitet :-)))
Nach dem Abendessen wurde der Kamin im Gemeinschaftshaus angeheizt. Es wurde kuschlig gemütlich und wir starteten zur letzten Session an diesem Tag.
Die 3. Gruppe war für Filzkordeln in allen Längen und Farben verantwortlich. Sie sollten für die Dekoration der Wandbehänge und für die Vervollständigung der Modeaccessoires verwendet werden.
Durch das Einfilzen von Draht wurden formbare Kordeln produziert. Die Mädels waren begeistert und es entstanden Blumen, Herzen und andere Formen.
An den Wandbildern wurden die ersten Stickereiarbeiten begonnen. Leider haben wir die Arbeiten bis Sonntag Mittag nicht beenden können, aber auch so sieht man schon, was die Mädels für tolle Arbeit geleistet haben. Mit Sicherheit werden die beiden Bilder in der Schule alle Blicke auf sich ziehen, wenn sie - in große Bambusrahmen gespannt - in der Bibliothek und im Eingangsbereich der Schule ihren Platz gefunden haben.

Der Höhepunkt war zum Abschluß des Wochenend-Workshops wieder die "Modenschau", auf der die Models ihre Kreationen vorführten, die sie zusammen mit ihren Freundinnen kreiert, zusammen genäht, geklebt, geklemmt, gebunden und getackert haben (wer sagt denn, dass man Filz NICHT heißkleben kann?)
Jetzt freue ich mich auf mein eigenes warmes Bett in der kommenden Nacht. Denn es war wirklich a***kalt nachts in den Bretterbungalows, ohne Heizung und doppelten Boden :-)))